OpenStreetMap

Jeder Mapper kennt das: Auf der grünen Wiese wird gebaut. Ob Supermarkt oder Wohnsiedlung, die Gebäude wollen erfasst werden. Sie sind garantiert auf keinem Luftbild zu sehen, sollten aber in die Datenbank, möglichst positionsgenau. Wie machen wir das?

Wie schön wäre es, man könnte einfach mit laufendem GPS-Tracking das Gebäude entlang seiner Außenwände umlaufen und hätte den exakten Umriss. Aber der nicht mehr ganz grüne Mapper weiß: Das geht nicht. Abgesehen davon, dass kein Bauleiter es gern sieht, wenn irnkwelche Leute auf seiner Baustelle rumlaufen, wird das auch messtechnisch nichts. Gerade das Gebäude, das wir vermessen wollen, stört den Empfang so stark, dass die Spur wild von links nach rechts springt und nicht zu gebrauchen ist. Das können wir vergessen.

Ich vermesse so was anders: mit Fluchtlinien.

Beispiel: Wir nehmen an, auf diesem Acker werden zwei Marktgebäude errichtet. Erstmal nehme ich Fotos von der Baustelle auf, um eine grobe Vorstellung zu haben (die kann ich hier nicht zeigen, weil es die Baustelle nicht gibt).

Nehmen wir weiterhin an, die zwei Gebäude stehen diagonal versetzt. Damit sind in jeder Richtung mindestens vier Fluchtpunkte aufzunehmen, am einfachsten von den umgebenden Straßen aus, wo man einen guten Blick auf die Baustelle hat.

Das heißt: Ich suche im freien Empfangsfeld, möglichst weit von allen Gebäuden entfernt, Punkte auf, die genau in der Verlängerung der Wände stehen. Einfach dort hinstellen, wo der Blick exakt an einer Außenwand entlangläuft. Und dort setze ich einen Wegpunkt in der GPX-Aufzeichnung.

Ich habe mir angewöhnt, parallele Linien gleich zu bezeichnen. Hier heißen die von Nord nach Süd gesehenen „F1“ und die von West nach Ost gesehenen „F2“:

Praktisch ist, dass man bei der Peilung einer Fluchtlinie ein paar Sekunden stillsteht, bevor man den GPX-Wegpunkt setzt. Das gibt dem GPS-Empfänger Gelegenheit, seine aus der Bewegung kommende Messung noch etwas zu präzisieren – in Bewegung macht er das nämlich nicht so gern und geht auch immer etwas „nach“. Fern von störenden Wänden kann man so auch mit Consumergeräten auf 1 m Genauigkeit kommen.

Zu Hause lade ich das GPX in JOSM, mache eine neue Datenebene auf und ziehe von meinen acht Fluchtpunkten Hilfslinien auf die Baustelle. Ganz normale Linien mit der Zeichenfunktion. In welche Richtung die laufen, das muss ich mir freilich merken (z.B. parallel zur Hauptstraße) – oder ich bin so schlau, mindestens eine der Fluchtlinien von beiden Seiten aus zu markieren, so dass ich nur die beiden Markierungen verbinden muss:

Fast fertig. Auf die richtigen Kreuzungspunkte der Hilfslinien (Foto hilft) setze ich meine Gebäude:

… und dann sind nur noch die Hilfslinien wieder zu löschen, damit die nicht mit hochgeladen werden:

Nur noch mit Q rechtwinklig machen, fertig ist der Lack. Die zwei Gebäude stehen jetzt mit genau der Präzision da, die sich von GPS im freien Feld erwarten lässt. Ohne die Baustelle zu betreten oder sonstwas Verbotenes zu machen. Und sehr viel genauer, als wenn ich die Gebäude umlaufen hätte.

Mit etwas Übung lassen sich so auch komplexere Formen erfassen.

Discussion

Comment from LeifRasmussen on 23 January 2019 at 00:27

Awesome!

Comment from schnism on 29 January 2019 at 00:04

Sehr schöne Erklärung, vielen Dank!

Noch ein Tipp dazu: Viele Navis haben ja auch einen Kompass und können peilen. Wenn man also in der Fluchtlinie steht, kann man das Navi in Richtung Gebäude ausrichten, bei Garmin z.B. “Peilen und Los” auswählen und einen Wegpunkt z.B. in 500 Meter Entfernung speichern.

Damit spart man sich das Schätzen und das “Um-das-Gebäude-Rumlaufen”.

Comment from amilopowers on 29 January 2019 at 10:19

Eine Skizze hilft sicher auch.

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